Bitcoin als Kreditsicherheit: Warum Banken jetzt auf Crypto-Lending setzen
Blog, 23.05.2025

Bitcoin ist längst mehr als nur ein spekulatives Anlageobjekt: Immer häufiger dient das digitale Gold auch als „hinterlegte“ Sicherheit für klassische Bankkredite – ein Konzept, das unter dem Begriff Bitcoin-Backed Lending derzeit weltweit Fahrt aufnimmt. Für Kreditinstitute eröffnet sich damit eine logische Erweiterung ihres Krypto-Angebots: Nach Verwahrung und Handel können sie ihren Kund:innen jetzt auch Liquidität auf Basis vorhandener Bitcoin-Bestände anbieten, ohne dass diese ihre Coins verkaufen müssen. Warum das Modell für beide Seiten attraktiv ist, welche Rolle Regulierung und Technologie spielen und wie eine bankentaugliche Lösung aussieht, erläutert Thomas Münch, Deputy Head of Mortgage & Construction Financing, im folgenden Interview.
Was versteht man unter Bitcoin-Backed Lending und kann es die nächste Entwicklungsstufe nach Verwahrung und Trading einleiten?
Bitcoin-Backed Lending beschreibt eine Kreditvergabe, bei der Bitcoin als Sicherheit – also als sogenanntes Collateral – hinterlegt wird, um im Gegenzug einen Kredit in herkömmlicher Währung oder in digitalen, wertstabilen Währungen (sogenannten Stablecoins) zu erhalten. Das ist für viele Anleger besonders spannend, weil sie ihre Bitcoin nicht verkaufen müssen und trotzdem Liquidität schaffen können.
Für Banken ist das eine logische Erweiterung ihres Krypto-Service-Portfolios: Nach der Verwahrung (auch Custody genannt) und dem Handel mit Kryptowährungen (Trading) folgt nun die Kreditvergabe als nächster Schritt im aktiven Bankgeschäft. Im Grunde wird hier das klassische Lombardprinzip – also die Kreditvergabe gegen hinterlegte Vermögenswerte – auf ein digitales Asset übertragen. Mit dem Unterschied, dass Bitcoin rund um die Uhr weltweit handelbar und sehr liquide ist, also schnell und einfach gegen Geld eingetauscht werden kann.
Diese Entwicklung eröffnet Banken nicht nur eine neue, attraktive Ertragsquelle – etwa durch Zinseinnahmen oder zusätzliche Produkte für Bestandskunden –, sondern sie reagiert auch auf eine wachsende Nachfrage: Viele Krypto-Halter wollen ihre digitalen Vermögenswerte „arbeiten lassen“, statt sie nur passiv zu halten. Die zunehmende Regulierung auf europäischer und nationaler Ebene schafft zudem rechtliche Klarheit – ein wichtiger Aspekt für Banken, die in einem stark regulierten Umfeld agieren.
Kurz gesagt: Bitcoin-Backed Lending verbindet die klassischen Stärken einer Bank – wie Vertrauen, rechtliche Sicherheit und Kundenbeziehung – mit den Vorteilen digitaler Vermögenswerte – darunter hohe Verfügbarkeit, weltweite Akzeptanz und moderne Technologie.
Was macht beispielsweise Bitcoin als Kreditsicherheit so attraktiv – für Kunden und für Banken?
Aus Kundensicht liegt der größte Vorteil in der Liquiditätsgewinnung, ohne die Bitcoin verkaufen zu müssen. Das kann nicht nur steuerlich vorteilhaft sein, sondern ermöglicht auch die weitere Teilhabe an möglichen Kurssteigerungen. Gerade langfristig orientierte Anleger nutzen Bitcoin-gestützte Kredite, um ihr Vermögen strategisch einzusetzen, ohne es aufzulösen.
Für Banken ist Bitcoin ein besonders geeigneter Sicherheitenwert: Es ist standardisiert, digital vollständig abbildbar, rund um die Uhr handelbar und sehr liquide. Dank der Möglichkeit zur Echtzeitbewertung lässt sich die Sicherheit effizient verwalten, und bei starken Marktbewegungen ist eine schnelle Reaktion möglich – was das Risiko von Zahlungsausfällen verringert.
Das Modell ist also eine echte Win-Win-Situation: Kunden erhalten flexible Finanzierungsmöglichkeiten, Banken profitieren von neuen Ertragsquellen und einem modernen Produkt, das klassische und digitale Finanzwelt miteinander verbindet.
Warum ist Crypto-Lending heute ein strategischer Wachstumsmarkt und keine Nische mehr?
Wir beobachten einen deutlichen Nachfrageanstieg – vor allem bei jüngeren, digitalaffinen Kund:innen und bei vermögenden Privatpersonen, die inzwischen oft einen signifikanten Teil ihres Portfolios in Kryptowährungen halten. Diese Zielgruppen erwarten Lösungen, die Handel, Verwahrung und Finanzierung aus einer Hand ermöglichen.
Gleichzeitig erkennen immer mehr Banken das wirtschaftliche Potenzial: Sie möchten ihre Kund:innen nicht an spezialisierte FinTechs verlieren und sehen in der Kreditvergabe gegen digitale Sicherheiten eine Möglichkeit, zusätzliche – oft besonders ertragsreiche – Einnahmequellen zu erschließen. Erste Pilotprojekte in der Schweiz, Deutschland und den USA zeigen, dass das Modell funktioniert und marktreif ist.
Hinzu kommt: Die regulatorischen Rahmenbedingungen werden klarer – etwa durch die europäische MiCAR-Verordnung (Markets in Crypto-Assets Regulation) oder durch nationale Richtlinien. Gleichzeitig ermöglichen moderne technische Plattformen eine einfache Integration solcher Angebote, etwa über sogenannte White-Label-Lösungen, bei denen Banken auf vorgefertigte, anpassbare Software zurückgreifen.
Crypto-Lending ist damit längst kein Nischenthema mehr, sondern entwickelt sich zu einer strategischen Ergänzung klassischer Bankangebote.
Wie sieht eine bankentaugliche Lösung aus, die frühere Schwächen von zentralisierte Finanzdienstleister im Kryptobereich überwindet?
Das Wichtigste ist ein vollständig reguliertes Setup – also ein Angebot, das unter einer offiziellen Banklizenz, einer E-Geld-Lizenz oder einer Verwahrungslizenz betrieben wird. Dazu gehören klare Prozesse zur Identitätsprüfung der Kund:innen, zur Geldwäscheprävention sowie definierte Risiko- und Eigenkapitalvorgaben. Nur unter solchen Bedingungen lässt sich Vertrauen aufbauen.
Ein sicheres Verwahrmodell – beispielsweise über getrennt geführte Wallets, sogenannte segregierte Wallets, bei einem lizenzierten Anbieter – stellt sicher, dass die Kund:innen Eigentümer ihrer Bitcoin bleiben, während die Bank Zugriff auf die Sicherheiten hat. Dieses Treuhandmodell ist sowohl transparent als auch rechtlich belastbar.
Technologisch braucht es eine integrierte Lösung, die Bewertungen in Echtzeit erlaubt, automatische Sicherheitsnachforderungen auslöst und vollständig mit dem Kernbanksystem verbunden ist. Moderne Cloud-Plattformen oder White-Label-Anbieter ermöglichen solche technischen Setups heute bereits.
Wichtig ist außerdem eine klare und transparente Preisstruktur – etwa bei der Beleihungsgrenze (also dem Anteil des Bitcoin-Wertes, den man als Kredit bekommt) – sowie der Verzicht auf intransparente Renditeversprechen. So können Bitcoin-gestützte Kredite zu einem sicheren, effizienten und zukunftsfähigen Bestandteil des regulären Bankangebots werden.
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