Cloud-Souveränität erreichen – aber wie?
Insight, 18.07.2025
In einer Welt, in der Datenschutz und regulatorische Vorgaben wie DSGVO, BAIT oder DORA auf auf technologische Megatrends wie den Einsatz von KI oder den rasanten Fortschritt von Quantencomputing und auch auf eine neue Auslegeordnung von ökonomischen und politischen Allianzen (oder deren Umwidmung) treffen, reicht es nicht mehr, nur die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen „abzuhaken“. Echte Souveränität bedeutet, technologische, operative und vor allem geschäftliche Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen – und damit Vertrauen, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Cloud-Souveränität ist also keine rein technische Frage, sondern eine Chefsache, die geopolitische Risiken, organisatorische Kultur und langfristige Strategie vereint.
Warum Cloud-Souveränität mehr als ein Compliance-Label ist
Souveränität wird in der Finanzwelt oft technisch oder juristisch betrachtet: DSGVO, BAIT, EBA-Leitlinien, DORA. Doch wer echte Handlungsfähigkeit will, muss weiterdenken. Cloud-Souveränität bedeutet nicht nur, den gesetzlichen Rahmen zu erfüllen – sondern die Kontrolle über strategische, technologische und operative Entscheidungen zu behalten. Sie ist kein Häkchen auf der Checkliste, sondern ein Gestaltungsprinzip für die digitale Zukunft.
In der Praxis heißt das: Die Entscheidung für oder gegen einen Hyperscaler, für bestimmte Betriebsmodelle oder für regulatorisch konforme Architekturen muss nicht nur IT-getrieben sein. Sie betrifft Geschäftsmodelle, Innovationsfähigkeit und das Vertrauen der Kunden – und ist damit eindeutig Chefsache.
Geopolitische Realität: Souveränität braucht mehr als Technik
Cloud-Souveränität findet nicht im luftleeren Raum statt. Die Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern zunehmend ein strategisches Risiko. Geopolitische Spannungen, extraterritoriale Rechtsansprüche (z. B. CLOUD Act) und regulatorische Divergenzen verdeutlichen: Wer seine digitale Infrastruktur auf global agierende Hyperscaler stützt, muss sich neuerdings auch mit den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Abhängigkeit auseinandersetzen.
Was daraus folgt:
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Strategische Resilienz erfordert die bewusste Auseinandersetzung mit Herkunft, Eigentümerstruktur und Kontrollmöglichkeiten von Cloud-Anbietern.
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„European Cloud“ ist mehr als ein Label – sie steht für einen Versuch, digitale Souveränität geopolitisch abzusichern.
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Unternehmen müssen sich fragen: Welches Risiko bin ich bereit zu tragen? Welche Alternativen bin ich bereit zu entwickeln?
Souveränität beginnt mit Bewusstsein – auch über die politischen Implikationen technischer Entscheidungen. Wer Verantwortung übernehmen will, muss globale Entwicklungen mitdenken.
Organisation & Kultur: Warum Governance allein nicht reicht
Wer in die Cloud geht, braucht mehr als ein Migrationsprojekt. Es braucht ein tiefes Verständnis dafür, wie Organisation, Kultur und Technologie zusammenspielen. Denn Cloud ist kein Add-on – sie verändert Arbeitsweisen, Verantwortlichkeiten und Mindsets.
In unseren Diskussionen wurde deutlich: In vielen Unternehmen herrscht Wildwuchs. Verschiedene Fachbereiche beauftragen eigenständig Cloud-Services, Governance-Strukturen fehlen oder werden zu spät etabliert. Die Folge: mangelnde Transparenz, technologische Schatten-IT und steigende Risiken.
Was hilft:
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Mindset-Arbeit statt Tool-Einführung: Cloud-Einführung muss als kulturelle Transformation begriffen werden. Das erfordert eine klare Vision, Kommunikation auf Augenhöhe und sichtbares Leadership.
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Change Management als Erfolgsfaktor: Mitarbeitende müssen verstehen, warum sich ihre Arbeit verändert – und wie sie selbst Teil der Transformation sein können.
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Verantwortung sichtbar machen: Wer entscheidet was? Wer trägt welches Risiko? Governance bedeutet nicht nur Regeln, sondern gelebte Verantwortlichkeiten.
Cloud-Transformation beginnt im Kopf – und sie endet nicht mit dem Go-live. Erst wenn Fachbereiche, IT und Management gemeinsam Verantwortung übernehmen, entsteht echte Handlungsfähigkeit.
Strategische Empfehlungen aus der Praxis
Auf Basis der Paneldiskussion und eigener Erfahrungen in Cloud-Projekten lassen sich konkrete Handlungsfelder benennen, die über den Erfolg entscheiden:
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Cloud-Governance operationalisieren
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Aufbau eines zentralen Cloud-Boards mit Entscheidungskompetenz
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Definition und Kontrolle von Cloud-Policies (z. B. Provider-Auswahl, Datenklassifikation, Kostenmanagement)
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Verzahnung mit Informationssicherheits- und Datenschutzmanagement
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Exit-Szenarien mitdenken – von Anfang an
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Klare Regelungen in den Verträgen (z. B. zur Datenportabilität, Support im Offboarding)
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Technische Interoperabilität prüfen (Containerisierung, APIs, offene Standards)
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Strategische Bewertung: Wann lohnt sich Multi-Cloud? Wann nicht?
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Vertragsgestaltung als Steuerungsinstrument
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Vertragslaufzeiten bewusst wählen – mit Flexibilität statt Lock-in
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Klare SLAs, Sicherheitsstandards und Auditierungsrechte verankern
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Zusammenarbeit mit Einkauf und Legal intensivieren
Diese Punkte entscheiden nicht nur über Compliance, sondern über echte Souveränität – also über die Fähigkeit, souverän zu wählen, zu wechseln oder weiterzuentwickeln.
Cloud ist kein Projekt – sondern ein Haltungsthema
Viele Unternehmen behandeln ihre Cloud-Strategie wie ein Transformationsprojekt mit Anfang und Ende. Doch das greift zu kurz. Souveränität entsteht nicht durch ein einmaliges Setup, sondern durch kontinuierliche Weiterentwicklung. Sie ist kein Zustand, sondern eine Haltung: zur Technologie, zur Verantwortung, zur strategischen Selbstbestimmung.
Was das bedeutet:
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Souveränität braucht langfristiges Denken – und Menschen, die sie gestalten.
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Sie entsteht nicht durch Abgrenzung, sondern durch bewusste Auswahl, Steuerung und Kooperation.
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Sie verlangt den Mut, auch unbequeme Fragen zu stellen: Was passiert, wenn der Hyperscaler seine Bedingungen ändert? Was ist unser Plan B?
Die Haltung entscheidet. Wer seine Cloud-Strategie als lernendes System begreift, kann souverän agieren – auch in dynamischen Märkten und unter regulatorischem Druck.
Fazit: Konsequenz schlägt Komplexität
Cloud-Souveränität ist machbar – wenn man sie ernst nimmt. Sie verlangt Klarheit in der Strategie, Konsequenz in der Umsetzung und Mut zur kulturellen Veränderung. Wer sie erreicht, gewinnt nicht nur technologische Flexibilität, sondern auch regulatorische Sicherheit und unternehmerische Unabhängigkeit.
Unsere Empfehlung:
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Nehmen Sie das Thema zur Chefsache. Es geht nicht nur um IT, sondern um Zukunftsfähigkeit.
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Bauen Sie Governance ganzheitlich auf – inkl. Mindset und Change.
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Denken Sie Exit und Verträge von Anfang an mit. Es schafft Spielräume.
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Verankern Sie Souveränität als Haltung. Nicht als Projektende.
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Nutzen Sie das Prinzip der Cloud-Souveränität gezielt als Differenzierungsmerkmal – Ihre Cloud bietet einen sicheren Hafen für Kundendaten
Wir begleiten viele unserer Kunden auf genau diesem Weg – pragmatisch, partnerschaftlich und mit klarem Fokus auf regulatorische Konformität.
Denn Cloud-Souveränität ist kein Trend – sondern ein strategisches Versprechen an die Zukunft.